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Victoria’s Secret: Engel mit Full-time Job

Am 2. Dezember ist es wieder soweit & die alljährliche Victoria’s Secret Fashion Show erfreut die Welt. Na ja, zumindest einen Teil der Welt. Das Ganze wird wie immer ein Riesenspektakel, um möglichst viel Aufmerksamkeit für Unterwäsche zu erzeugen. 47 Engel (die offizielle Berufsbezeichnung der Models) werden den Laufsteg entlang laufen. Daneben gibt es noch singende Stars & erstmals ZWEI diamantenbesetzte BHs. Wahnsinn.

Nun ist das Modeln für Victoria’s Secret sowieso nur der Crème de la Crème der internationalen Top-Models vorbehalten. Was unter anderem daran liegt, dass das Tragen der überdimensionierten Flügel so schwierig ist. Mhm. Untereinander herrscht angeblich auch große Konkurrenz, wer die größten Flügel hat, denn Größe der Flügel ist gleich Wichtigkeit & Marktwert des Model. Hach, die Frauen. Wobei, Größenvergleiche & Wichtigkeit in der Sozialkohorte…

Den Engelaufmarsch zu kritisieren ist einfach. Die Engel sind immer fröhlich, haben alle die gleiche Frisur & einen unstillbaren Drang, Dauerküsschen zu werfen. Victoria’s Secret ist eine pinke Kaugummiwelt, die den vermeintlich perfekten Körper verkauft. Und das auch deutlich drüber schreibt, was erst kürzlich zu lauter Kritik führte.

Richtig interessant am Marketing der Unterwäschefirma finde ich aber, dass sie diesen Körper zunehmend zu einem Vollzeitjob stilisiert. Das Ganze ging 2011 mit Engel Adriana Lima los, die erstmals – Skandal, Skandal – über die harte Routine zur Vorbereitung auf die Show „auspackte“. Seitdem spielt sich jedes Jahr das Gleiche ab. Die Engel trainieren hart 8 Stunden am Tag auf ihren 9-5 Uhr Vollzeitstellen. Auch die Modalitäten der Kinderbetreuung müssen geklärt werden, wenn die Mamis arbeiten. Wie bei jedem anderen Job! Auf Instagram kann man ihnen beim Malochen zuschauen – Seilspringen, Kniebeuge, Gewichte… Und die Medien berichteten fleißig & freuen sich angesichts so viel entwaffnender Ehrlichkeit zur Entstehungsgeschichte der perfekten Körper.

Mit diesem Kniff macht Victoria’s Secret etwas sehr Cleveres. Im Gegensatz zu Dove, die sich werbetechnisch den echten Frauen verschrieben haben, versucht man Punkte zu sammeln, indem man zeigt, dass Models auch nur gemacht werden. Und zwar im Detail, wie sie gemacht werden. Der Kritik, dass man unrealistische Körperbilder zeigt, tritt man freundlich lächelnd entgegen & verkündet, dass die gezeigten Körper eben auch nur mithilfe harter Arbeit fabriziert werden.

Natürlich ist der Impuls erstmal da, erleichtert aufzuatmen. Die Models bereiten sich eben monatelang vor & man selbst geht halt ins Büro. Blöd nur, dass die Unterwäsche wieder an normale Frauen verkauft werden soll & hier zwangsläufig ein Vergleich provoziert wird, wenn ich mich in der Umkleide im gleichen Zweiteiler im Spiegel sehe. Oder pubertierende Jungs ihrer Freundin was Nettes kaufen & die dann ganz anders aussieht.

Auf der Internetseite der Show kann man unter dem Slogan Train like an angel sogar an der Seite der Engel trainieren (So lassen sich nebenbei auch noch die hauseigenen Sport-BHs an die Frau bringen). Es wird suggeriert: In so einem Körper steckt viel Arbeit, aber nichts ist unerreichbar. Was natürlich Quatsch ist. Mit allem Training der Welt werden sich meine Proportionen nie in Victoria’s Secret Dimensionen verschieben, weil mir schon allein 20cm Beinlänge fehlen.

Nebenbei springt man mit der Taktik auch auf den Fit-ist-das-neue-dünn Zug auf, den auch Nike mit seiner Frauenwerbung am Laufen hält. Hier schwingt immer eine gute Dosis empowerment mit. Wer trainiert, ist stark – körperlich & mental. Auch die Engel werden gern so inszeniert. Sie spielen die Rolle der sexy Powerfrauen. Fit, gesund & fröhlich, sind sie millionenschwere, selbstbestimmte Königinnen ihres Millionenimperiums Körper. Dorthin gekommen sind sie mit Willen & Disziplin, gesunder Ernährung & Sport.

Bis man dann genauer hinsieht, wie auf dem Blog Fit and Feminist geschehenHier hat man sich die Vorbereitungen, die oft mit denen von Leistungssportlern verglichen werden, genauer angesehen. Fazit: Ihr Sportprogramm absolvieren die Engel in den letzten Tagen vor der Show ohne feste Nahrung. Ein Marathonläufer isst da eher eine Schüssel Pasta. Denn:

…the difference is that the hard work of an athlete is to ensure her body can actually do things, whereas the hard work of Adriana Lima and her team is to make sure she looks good.

(Der Unterschied ist, dass eine Sportlerin trainiert, damit ihr Körper in der Lage ist, Dinge zu tun, während die harte Arbeit von Adriana Lima & ihrem Team dafür bestimmt ist, dass er gut aussieht.)

Um dieses gute Aussehen geht es. Zu fit ist nämlich auch nicht richtig. 2012 tauchten unretouchierte Fotos auf, die zeigten, dass Victoria’s Secret am Liebsten zu viele Muskeln bei ihren Models wegphotoshopped. Vollzeittraining darf demnach gern dünn machen, aber die echten Resultate will man dann doch nicht sehen.

Foto: WestportWiki (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

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