Mein Hochzeitstag war ein schöner Tag. Ja, feministische und auch sonstige Kritik an der Ehe gibt es genug. Ein veraltetes Ritual des bürgerlichen Zeitalters, nutzlos und das Patriarchat unterstützend. Und so lange nicht alle überall heiraten dürfen und vollkommen gleichgestellt sind…Ich habe es trotzdem getan. Aber darum soll es nicht gehen. Erst vor kurzem ist mir klar geworden, dass ein Aspekt meiner Hochzeit, der auch nach 50er Jahre klingen mag, wahrscheinlich maßgeblich dafür verantwortlich war, dass es (einer) der schönsten Tage meines Lebens werden konnte. Denn wir haben noch schnell „Ja“ gesagt, bevor das Kind kam. Ich war am fraglichen Tag im 7. Monat schwanger. Wenn ich jetzt auf die Planung diverser Hochzeiten in meinem Umfeld blicke und mich googletechnisch für die Feierlichkeiten fit mache muss ich eingestehen, dass ich eine Menge Glück hatte. Gerade die Vorbereitung der Hochzeit ist bei mir sicher um einiges ruhiger abgelaufen. Denn ich musste nicht diäten.
Sehen wir der Wahrheit ins Auge: Die Hochzeitsdiät gehört dazu wie das Aussuchen der Torte oder der Ringe. Scheinbar ist es überhaupt keine Frage mehr, dass egal mit welcher Figur man den Antrag bekommen oder gemacht hat, man definitiv noch Verbesserungspotential bis zum finalen Tag der Übergabe in sich trägt. Das i-Tüpfelchen der Ehefalle. Es reicht nicht, dass man sich einen Mann geangelt hat. Nein, man muss am Tag der Tage auch noch so fantastisch aussehen, dass allen klar ist, wieso es geklappt hat. Ganz perfide sind dabei die wunderbaren Argumente, dass man selbst ja die Fotos ewig anschauen wird. Und ein dickes Bild seiner Selbst würde quasi das ganze kommende Leben verdunkeln. 84% aller Bräute wollen vor der Eheschließung Gewicht verlieren. Prominente machen es vor. Kate Middleton diätete begleitet von den üblichen „Das sind ihre Geheimnisse“ und „Übertreibt sie es nicht ein bisschen?“ Artikeln. Erst kürzlich wurde bejubelt, dass Kim Kardashian bei der Hochzeit ganz fantastisch, sprich erschlankter aussah und Jennifer Aniston hochzeitsdiätet quasi ständig, weil ja immer angeblich irgendeine Hochzeit bei ihr ansteht (gefolgt von den unweigerlichen „Endlich ein Baby“ News). Die InTouch warnt in einem Psyeudobetroffenheitsartikel vor Brideorexia. Und braut.de ermahnt Es soll der schönste Tag des Lebens werden! Ohne das ein oder andere Pfündchen zu viel auf den Hüften würde das schmal geschnittene Brautkleid noch besser aussehen…
Mir blieb das erspart. Aber wenn ich richtig darüber nachdenke, habe auch ich ein paar Zeichen der Zeit zu spüren bekommen. Brautmodenladen Nr.1 hielt für mich das besorgt-mitleidige Gesicht der Verkäuferin bereit, dass sie Brautmoden für Schwangere nicht führen und sie mir viel, viel Glück wünsche, weil es so schier unmöglich wäre, etwas vorteilhaftes zu finden. Vorteilhaft! Auf Kategorien wie „schön“ musste ich mich alles gar nicht mehr einstellen. Und der Brautmodenladen speziell für schwangere Bräute führte dann auch festliche Mode in Übergrößen.
Foto: Leif Ørnelund [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons