Als ich die Rubrik Gastbeiträge begann, wünschte ich mir viele verschiedene Geschichten und Perspektiven. Diesen Monat schreibt meine fabelhafte Gastautorin darüber, wie es ist mehr als nur einen Menschen zu lieben. Anonym, weil sie nicht sicher sein kann wie ihr Umfeld, insbesondere ihr berufliches, reagieren würde. Ich danke ihr für diesen offenen Text und dafür, dass sie sich das makellosmag als Ort ausgesucht hat. Und wünsche mir, dass wir alle irgendwann keine Angst mehr haben müssen zuzugeben, dass wir lieben – egal wen, egal in welcher Form.
Ich lebe mit zwei Männern zusammen, meinen Männern. Nennen wir sie Michael und Paul. Mit Michael bin ich schon seit einigen Jahren verheiratet, auch ganz offiziell, standesamtlich. Mit Paul erst seit etwa einem Jahr, in einer privaten Zeremonie mit Freunden, in der wir uns zu dritt noch einmal das Ja-Wort gegeben haben. Nicht offiziell, ohne Standesamt. Wir sind eine glückliche kleine, wenn auch ungewöhnliche, Familie.
Wie es dazu kam?
Michael und ich hatten eine glückliche Ehe zu zweit, die auf Vertrauen und Liebe aufgebaut war. Als ich merkte, dass da plötzlich auch Gefühle für jemand anderen aufkeimten, entschied ich mich für die Wahrheit. Michael hatte die Wahrheit verdient, auch wenn ich damit riskierte, ihn zu verlieren. Ich erzählte ihm von meinen Gefühlen für den anderen, die – so merkwürdig sich das auch anhören mag – nichts an meinen Gefühlen für Michael verändert hatten. Ich war selber verwirrt und hatte unheimliche Angst, dass Michael mich verlassen würde, auch wenn ich ihn niemals betrügen würde und den anderen notfalls aus meinem Leben verbannt hätte.
Die Tage nach meinem Geständnis redeten wir viel. Und wir weinten, beide zusammen, aber wohl auch jeder für sich. Es war eine unheimlich harte Zeit, aus der wir zum Glück als Paar gestärkt hervorgegangen sind. Und wir beschlossen: Wir versuchen eine offene Beziehung und testen aus, wie wir uns damit fühlen. Wir redeten auch während meiner Affäre mit dem anderen viel und regelmäßig darüber, und über unsere Gefühle. Eifersucht war am Anfang ein Thema, allerdings viel schwächer als befürchtet. Und mit der Zeit merkte Michael, dass auch er sich vorstellen könnte, noch jemand anderen neben mir zu lieben.
Monate später lernte ich Paul kennen. Er war jünger als ich und am Anfang einfach nur ein neuer Bekannter, den ich über eine Freundesgruppe kennenlernte. Doch mit der Zeit merkte ich, dass es bei mir gefunkt hatte – und zwar richtig. Die Affäre war von Anfang an recht ungleich gewesen, für den Anderen eher Friends with Benefits, so dass ich sie ohne schlechtes Gewissen beenden konnte. Aber Paul, mit Paul war es anders. Michael und ich redeten lange, ob und wie es funktionieren könnte, eine dritte Person so richtig in unsere Familie aufzunehmen, bevor ich Paul meine Gefühle gestand – mit Erlaubnis und einem „Viel Glück“ von Michael.
Mein Geständnis wirkte auf Paul wie ein Zug, der ihn überfahren hat, wie er es hinterher ausdrückte. Ich, eine verheiratete Frau, hatte mich in ihn verliebt und erklärte ihm im selben Atemzug, dass mein Mann Bescheid weiß und wir eine offene Beziehung führen. Unser erstes Date nach meinem Geständnis kam uns vor wie aus einem schlechten amerikanischen High-School-Film. Zwei Teenager sitzen sich schweigend oder peinlich lachend beim Essen gegenüber und wissen nicht, was sie sagen sollen. Nur dass wir keine Teenager mehr waren. Ich war unheimlich nervös, weil ich Angst hatte, ihn völlig zu verschrecken, und bei ihm kämpften Herz (da ist doch was für sie) und Verstand (sie ist verheiratet, wie soll das funktionieren) gegeneinander. Am Ende gewann sein Herz. Er sagte: „Ja, lass es uns versuchen.“
Die Anfänge
Die ersten Wochen kam noch hin und wieder Eifersucht bei Michael und Paul auf. Wir haben von Anfang an alle drei offen und ehrlich miteinander geredet, über Gefühle, Ängste, auch über die Eifersucht und wie das alles funktionieren soll.
Mit der Zeit wurde unser Miteinander entspannter, normaler. Es wurde Alltag. Paul verbrachte schon bald die meiste Zeit bei uns, wir suchten zu dritt nach einer neuen Wohnung. Michael und Paul wurden enge Freunde (gleiche Interessen haben mit Sicherheit geholfen). Und irgendwann kam die Frage auf, ob er mich heiraten würde – inoffiziell zwar, aber für uns nicht minder echt.
Die Reaktionen unserer Freunde und Familie
Unser Freundeskreis hat durch die Bank weg sehr positiv reagiert und uns von Anfang an so akzeptiert und uns beglückwünscht. Pauls Familie war ähnlich gelassen, auch wenn ich die Warnung bekam, ihm nicht wehzutun. Meine Eltern hingegen hatten größere Probleme, unsere Entscheidung zu akzeptieren. Es hat eine Weile gedauert, doch inzwischen haben sie sich damit abgefunden (und die befürchtete Scheidung zwischen mir und Michael ist nicht eingetroffen). Der Rest meiner Familie (mit Ausnahme meiner streng katholischen Oma, die nach wie vor nichts weiß) hat es entspannt aufgenommen. Beim Familientreffen, auf dem meine beiden Männer sich dann meiner großen Verwandtschaft gegenübersahen, bekam ich zwar den ein oder anderen scherzhaft stichelnden Kommentar („Unsereiner kriegt gar keinen Mann ab, und die hat gleich zwei!“), aber ich glaube, sie freuen sich einfach für uns. Michaels Familie weiß es nur teilweise, da sie weit entfernt wohnen und teilweise sehr konservativ sind und er Angst hat, wie sie reagieren würden. Der Teil, der es weiß, hat aber ebenfalls entspannt und positiv reagiert.
Alltag
Wir leben zusammen und teilen die Hausarbeit untereinander auf. Und ja, wir schlafen auch zu dritt in einem Bett, mit mir in der Mitte. Im Winter ist es wunderbar, gleich zwei Heizungen neben sich zu haben, aber im Sommer … sagen wir mal, im Sommer ist es eine ziemlich heiße Kiste.
Eifersucht ist kein Thema mehr zwischen den beiden. Michael erzählt öfter mal von Flirts auf dem Weg zur Arbeit, auch wenn er derzeit niemanden ernsthaft im Blick hat. Er ist eher schüchtern. Paul hingegen könnte sich nicht vorstellen, noch jemand anderen zu lieben. Und ich? Ich bin einfach nur unheimlich glücklich mit den beiden.
Foto: flickr – Nicolas Visier – CC by 2.0
Mich würde interessieren, ob die anonyme Gastautorin einen speziellen Anwalt gefunden hat.
Ich kann es mir nicht vorstellen, denn die Gesetze gehen da auch klar zum Kind. Der Schutz gehört den Kindern und auch Vaterschaften sind klar geregelt. Entweder man ist Vater oder nicht.
Ich bin auch der Meinung, dass nicht für jede Lebensform ein rechtlicher Rahmen geschlossen werden muss. Nicht jede Minderheit muss mit der Mehrheit gleichgestellt werden.
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@ gastautorin
Alles klar, dann weiß ich ja, was es geschlagen hat..
@ corinne
ich werd mir mühe geben
Ich habe seit gestern gespannt die Kommentare gelesen und möchte mich zu einigen Punkten, die angesprochen wurden, äußern.
Ja, es ist natürlich schade, dass ich rechtlich nicht beide heiraten darf, und dass der Gesetzgeber damit einen Unterschied macht zwischen meinen Männern. Wir treffen die rechtlichen Absicherungen, die man trotzdem treffen kann; so sind z. B. beide Männer auskunftsberechtigt für mich bei unserem Hausarzt, haben beide Zugriff auf mein Konto, das mit unserem gemeinsamen Sparkonto verknüpft ist, und viele weitere Unterschiede kann man durch entsprechende rechtliche Schriebe (Verfügungen, Vollmachten, Verträge) ausgleichen. Auch wenn es mich traurig stimmt, dass so etwas nötig ist, und ja, es klingt natürlich auch furchtbar unromantisch. Aber eine Ehe, ob nun zu zweit oder zu dritt, ist nicht nur Romantik, sie ist ein Füreinander-da-sein und Füreinander-einstehen, in guten wie in schlechten Zeiten.
Mein Mann, der nicht rechtlich mit mir verheiratet ist, fühlt sich aber nicht als Partner zweiter Klasse (zum Glück, die Angst hatte ich auch).
Zu den Fragen von Jo:
Die Zweisamkeit ergibt sich durch unsere unterschiedlichen und teils unregelmäßigen Arbeitszeiten und unterschiedlichen Unternehmungen mit Freunden fast von selbst, und wenn einer von uns doch mal das Gefühl hat, sie fehlt, dann reden wir und finden eine Lösung (z. B. dass einer mal für eine Nacht im Gästezimmer schläft, damit ich mit dem anderen Zeit zu zweit habe). Da fühlt sich auch keiner irgendwie vor den Kopf gestoßen; wir haben von Anfang an immer Rücksicht aufeinander genommen und, ganz wichtig, viel geredet. Im Übrigen genießen wir auch die Zeit zu dritt, so dass das Verlangen nach reiner Zweisamkeit außerhalb des Sexuellen (damit wäre dann wohl auch die andere Frage beantwortet ;) ) kaum vorhanden ist. Wir haben gemeinsame Hobbies und sind, mal abgesehen von der Ehe, auch sehr gute Freunde.
Wie wir den Alltag organisieren? Durch Absprachen ;) Wir schauen, wer wann zu Hause ist und somit Zeit hat, xy (z. B. einkaufen) zu erledigen. Zum Glück haben wir alle ein recht ähnliches Sauberkeitsverständnis, so dass es da nicht zu Streitereien kommt (höchstens mal ein Rüffel, der dann in aller Regel auch seine Berechtigung hatte).
Und die einzige wirkliche Regel zu unserem Zusammenleben, die mir gerade einfällt, ist die Socke an der Türklinke, wenn zwei von uns nicht gestört werden wollen (mal abgesehen davon, dass der Dritte in so einer Situation freiwillig nicht stören möchte, es „schützt“ also beide Männer vor ungewollten Überraschungen — hat nichts mit Eifersucht zu tun, sondern schlicht damit, dass keiner das Verlangen hat, den anderen nackt zu sehen).
Zu Kindern: Wir haben (noch) keine Kinder, wünschen uns aber welche. Die rechtliche Seite müssen wir dann auf jeden Fall mit einem spezialisierten Anwalt besprechen, damit beide Männer Rechte und Pflichten eines Vaters haben, soweit es rechtlich möglich ist.
Allgemein: Ich weiß, dass unsere Beziehung nicht für alle nachvollziehbar ist, und das ist in Ordnung. Ich hätte es mir selber noch vor fünf oder sechs Jahren im Traum nicht vorstellen können, wie so etwas funktionieren soll. Es ist passiert und funktioniert, und solange wir offen und ehrlich miteinander reden, wird es auch weiterhin funktionieren. Was ich mir einfach wünsche, von denen, die es nicht nachvollziehen können: Keine Verurteilung. Wenn ihr Fragen habt, dann fragt bitte, statt uns zu verurteilen, nur weil wir anders leben :) Und das ist hier in den Kommentaren ja auch (größtenteils) passiert. Danke dafür.
An Christina: Warum verurteilst du uns, ohne uns zu kennen? Warum bist du der festen Meinung, dass jemand verletzt wird, dass es so kommen muss? Dir muss niemand von uns dreien leid tun, weil es uns gut geht. Statt Mitleid und Verurteilung wäre Akzeptanz allerdings schön, und wenn es nur die Akzeptanz ist, dass wir anders sind und anders denken als du. Dir muss nicht gefallen, was wir tun, du musst deswegen nicht plötzlich auch so denken (um Gottes Willen, das wäre ja langweilig, wenn plötzlich alle gleich wären), aber bitte begeh nicht den Fehler zu glauben, nur weil du es dir nicht vorstellen kannst, KANN es nicht funktionieren.
Berichte einfach in 2 Jahren nochmal, wie diese „Beziehung“ gescheitert ist.
Es kann dir ja egal sein, ob mir dieser Lebensstil gefällt oder nicht.
Aber ich wüsste gerne, wie’s ausgeht.
Du würdest mir doch wahrscheinlich sowieso nicht glauben, selbst wenn ich dir in zehn Jahren erzähle, dass wir immer noch glücklich zusammen sind, genauso wie du mir jetzt wahrscheinlich nicht glaubst, dass wir alle drei glücklich sind und dass diese Beziehung für uns funktioniert.
Und ja, mir ist es im Prinzip auch egal, ob er dir gefällt oder nicht. Ich frage mich nur, warum dir scheinbar so viel daran gelegen ist, uns davon zu überzeugen, dass unsere Beziehung scheitern wird. (P. S.: Kleiner Tipp, es wird dir nicht gelingen.) Und warum du uns Egoismus unterstellst (oder vor allem mir). Eine gute Beziehung ist ein Geben und Nehmen, nicht nur ein Nehmen, also wäre ein Egoist schön blöd, gleich zwei Leuten was geben zu wollen ;-)
Liebe Gastautorin, ich kenne das Gefühl sehr gut, beurteilt zu werden für das Leben mit zwei Männern, auch den Egoismus-Vorwurf habe ich schon gehört. Es piekst immer, auch wenn man das eigentlich nicht an sich herankommen lassen will – aber so richtig, wie ich es herauslese, tust du das auch gar nicht. Gut so! :) Es gibt keine Rezepte für die perfekte, ewige Beziehung (die es vermutlich eh so nicht gibt, Beziehungen sind etwas fließendes, sich wandelndes). Die Hälfte „herkömmlicher“ Ehen scheitert, genauso, wie manche poly-Beziehungen scheitern – das ist so, Menschen verändern sich, egal, wieviele Partner sich lieben. Ich persönlich habe die Liebe mit mehr als zwei Personen immer als sehr tief und gebend erlebt, geprägt von einem Gefühl des sich-gegenseitig-Sehens. Genieße das einfach, es ist so ein wunderbares Geschenk. Alles Gute für euch drei und eure Familienplanung :)
Lass doch dieses pseudoironisch-verunsicherte Lavieren àla „Kleiner Tipp etc. pp“.
Ich habe dir meine Meinung gesagt; wenn du nicht damit umgehen kannst, ist das nicht meine Baustelle.
Übrigens zum Thema Geben und Nehmen in einer Beziehung: genau das sehe ich als eines der größten Probleme.
Und die bitte um Update in gewissem Abstand ist ernst gemeint.
Oh, keine Sorge, ich kann deine Meinung sehr gut einordnen und mit ihr umgehen. Und deiner Bitte nach Updates, wie du es so schön nennst, werde ich nicht nachkommen, da ich es nicht nötig habe, jemandem Rechenschaft über meine Beziehung abzulegen. Und wenn dir unsere Beziehungsform so zu schaffen macht, dass du dir Sorgen um Probleme machst, die schlicht nicht da sind, ist das nicht mein Problem. Daher werde ich jetzt auch aufhören, dir zu antworten, da wir offensichtlich sowieso nicht auf einen grünen Zweig kommen werden.
@Kea: Danke, ich wünsche dir auch alles Gute :)
Hallo Christina, ich mag Meinungsstärke auf meinem Blog aber mich befremdet, dass du bisher nur drei Mal und zwar immer bei Gastautorinnen mit einer schroff formulierten Gegenrede in Erscheinung getreten bist. Wir können hier alle alles diskutieren, aber das makellosmag soll ein Ort sein, an den Frauen gern kommen, weil sie sich hier wohlfühlen. Ich bitte dich, das zu akzeptieren und die Schärfe deiner Worte beim nächsten Mal zu überdenken. Gruß, Corinne
Geben und Nehmen in einer Zweierbeziehung funktioniert also grundsätzlich deiner Meinung nach?
Hab schon sehnsüchtig auf Antwort gewartet. Danke!
Die Idee mit dem Socken finde ich gut und dass war es was ich wissen wollte. Die praktische Seite und die Alltagsgestaltung. Danke auch dafür.
Viele Grüße und euch eine lange glückliche Beziehung
So etwas verursacht Schmerz; einen tiefen Schmerz der Ablehnung, bei einem der Dreien, irgendwann.
War bisher immer so. Und ist nur menschlich und verständlich
Der Egoismus, der dahintersteht, tut mir allerdings schon fast körperlich weh…
Ein Ausdruck der Überfluss- und Alleshabenwollen-Gesellschaft? Ein Konsumrausch, der vor Menschen nicht halt macht?
Mir tut der/diejenige Leid, die/der am Ende der/die Leidtragende sein wird. Denn eine/r wird es sein.
Oh Christina,
ich kann es nur schwer ertragen, wenn ein Menschen mit seinem persönlichen Erfahrungshorizont auf „das ist immer so“ schließt und in Deinem Fall dann in Sachen Gefühle und Liebe etwas von Konsumrausch schwafelt und Egoismus unterstellt.
Das halte ich für sehr anmaßend, denn Du kannst in keinen der drei Beteiligten hineinsehen und nicht im entferntesten beurteilen was sie empfinden.
Ich für meinen Teil wäre gern einer von zwei Männern in einer Dreierbeziehung. Die passende Frau habe ich bereits seit 17 Jahren. Ich denke auch bei uns ist es nur noch eine Frage der Zeit bis wir diesen Traum verwirklichen. Für die, die die Frage im Kopf haben; Ich bin nicht Bi.
Zentrum Frau heißt hier die Devise und ich vermute, dies reizt mehr Männer als Frau es sich vorstellen kann.
Vielen Dank für den kleinen Einblick in dein Leben, liebe Gastautorin.
Das ist sicherlich keine Standardbeziehung, aber umso schöner wenn alle Beteiligten glücklich damit sind. Ich habe ja die Privattheorie, dass viel mehr Menschen gerne so leben würden, wenn sie nicht von gesellschaftlichen Normen zurückgehalten würden.
Ich selbst habe erst vor kurzem festgestellt, dass es kein Problem für mich ist, Gefühle für mehrere Frauen zu haben und eine offene Beziehung im Bereich des Möglichen wäre.
Ich würde gern noch mehr erfahren über euer Leben.
Wie funktioniert die Zweisamkeit, also praktisch, nicht nur der Sex? Verlässt ein Mann das Haus? Seid ihr zu dritt beim Sex? Habt ihr Regeln für euer Zusammenleben aufgestellt? Wenn ja, welche? Sind Kinder im Haus? Sind welche geplant? Wie organisiert ihr den Alltag und die Hausarbeit genau?
Das ist eine wundervolle Geschichte aus dem Leben heraus. Ich finde es grundsätzlich immer ein sehr spannendes Thema, wenn Menschen sich entscheiden, anders zu leben als die breite. Sei es nun die Sexualität, Liebe, Ernährung, bestimmte Szenen oder Vorlieben. Dann erfahre ich auch wahnsinnig gerne, wie es zu diesen Ideen und schlussendlich Entscheidungen ksm und wie es ist, den Alltag damit zu verbringen.
Im dem Sinne bin ich sehr dankbar für deinen inspirierenden Gastbeitrag. Ich denke, Geschichten wie deine können helfen, die leider immernoch zu niedrige Toleranzschwelle der Gesellschaft anzuheben. Trotzdem verstehe ich gut, warum du bzw ihr mit eurem unmittelbaren Umfeld nicht bedingungslos offen darüber sprechen möchtet.
Liebe Grüße
Meg
Wie spannend und ja, tatsächlich kenne ich viele (Frauen), bei denen sich die Liebe eher fließend verhält – so nenne ich das jetzt mal. Wie soll man denn bitte ein Gefühl auch eingrenzen? Es ist da und wie wunderbar, wenn es gleich für mehere da ist. Schlimm, dass die Gesellschaft so etwas stigmatisiert.
Allen Lesern und besonders der Gastautorin wünsche ich weiterhin viel Liebe im Leben!
Ach, ist das witzig, dass dieser Artikel ausgerechnet an dem Tag in meinem Postfach landet, an dem ich in einem Interview mein eigenes digitales Outing als poly-Mensch habe :D Ich lebe es anders, so ein festes Zusammenleben wäre mir (noch?) zu viel, aber ich finde es großartig und wunderbar, dass es bei den dreien so gut funktioniert! Schade finde ich allerdings, dass der Artikel anonym geschrieben ist – wenn ich es auch gut verstehen kann, denn die Gesellschaft ist bezüglich neuer Beziehungsmodelle wirklich extrem kritisch – kurios, ist die monogame, romantische Zweierbeziehung doch eher ein Wimpernschlag in der bisherigen Menschheitsgeschichte. Ich bin froh, dass seit kurzem auch meine Familie eingeweiht ist und ich es nun auch öffentlich sagen kann. Sehr befreiend. Ein großes Ding will ich daraus gar nicht machen, denn das ist es eigentlich nicht. Warum man es dann nicht ganz für sich behält? Weil ich das Gefühl habe, dass es die Gesellschaft bereichert, einfach nur zu zeigen, dass man es auch anders machen kann. Ganz ohne zu missionieren, eher gedacht als Anker für die, die mit der bestehenden Norm eben nicht glücklich sind. Danke also fürs zum-Thema-machen! Liebe Grüße, Kea
Wie toll! Wo ist das Interview, gibt es einen Link? Und zum Anonymen: Im Alltag gehen sie ja damit offen um. Ich kann gut verstehen, dass man sich nicht damit ins Netz stellt, so behält man die Möglichkeit zum Dialog selbst in der Hand und die Menschen bilden sich nicht ein Urteil, in das du gar nicht mehr eingreifen kannst. Ich würde vielleicht auch immer lieber selbst entscheiden, wer es wann erfährt und face-to-face wählen. Trotzdem ist es natürlich mutig, was du machst, weil es das Stigma angeht. Lieben Gruß! PS: Bin halb durch mit deinen Buch, ganz toll, werde ich meinen Mädchen geben, wenn sie alt genug sind.
Das Interview ist heute auf dem schönen Blog von Indre erschienen: http://m-i-ma.de/2016/10/10/thirtyplus/ Aber die poly-Erwähnung ist dort nur eine Randnotiz. Einen großen Artikel zum Thema, das habe ich bisher noch nicht gewagt, auch wenn ich öfter mit dem Gedanken gespielt habe. Aus den von dir genannten Gründen habe ich es nicht gemacht – aber bei der Frage von Indre, was ich bin, da gehörte es einfach dazu. Da ging es nicht mehr anders. Ich bewundere Frauen wie Tilda Swinton, die es ganz offen gelebt haben, sehr. Denn ja, natürlich bilden sich die Menschen im Netz ein Urteil und ich habe, sogar im privaten Bekanntenkreis gemerkt – dieses Thema polarisiert extrem. Es reizt die Menschen, sich abgrenzen zu wollen davon, auch wenn man das gar nicht gefragt hat. Was es da für Reaktionen im Netz geben mag, wenn man es groß ausbreitet – da muss man sich gut überlegen, ob man das möchte, daher habe ich Verständnis für die Autorin deines Gastbeitrags. Aber ja, eigentlich gehört dieses Stigma niedergerissen – wie so viele! Auch das der „mangelhaften Single-Frau“. Es ist doch seltsam: Hat Frau keinen Mann, stimmt was nicht, nimmt sie sich heraus, mehr als einen zu haben, ist das auch wieder falsch ;) Ohh, wunderbar! Danke für die tolle Rückmeldung zu meinem Buch, das ist ein wunderschönes Kompliment und bedeutet mir viel!
Hallo liebe Gastautorin, das war sehr interessant zu lesen. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto schwerer fällt es mir, mir das in der Realität vorzustellen. Ich denke so an Alltagssituationen, man kommt von der Arbeit, will sich auskotzen und erzählt es dem Partner. Wenn der Dritte dann nicht da ist, muss man ihn doch immer nochmal miteinbeziehen. Wir zwei haben etwas besprochen: Oh, da dürfen wir nicht vergessen, es X zu sagen. Man kuschelt zu zweit auf der Couch – sitzt der Dritte daneben? Ich stelle mir das sehr anstrengend vor, immer mitzudenken, dass man niemanden verletzt. Nun ja, vielleicht ist es tatsächlich nur meine Denkweise, weil ich eben in Paaren überlege, aber bei Freundschaften finde ich auch „3 sind irgendwie eine(r) zu viel.“, da viel Intimität (damit meine ich auch tiefere Gespräche) einfach zu zweit besser klappt. Oder ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Zwei dies haben und ein Dritter Partner nicht eifersüchtig wird. Na, du siehst, du hast mir was zum Nachdenken gegeben an einem grauen Montagmorgen. :-) Liebe Grüße, Judith
Lustig Judith, ich wollte gerade etwas Ähnliches tippen. Ich dachte sofort an so Sachen wie: Und wenn sie Kinder bekommen, ist automatisch der Ehemann der Vater, auskunftsberechtigt im Krankenhaus nur der Ehemann etc. Das doch auch schon eine Ungleichheit da ist, weil das Gesetz es eben nicht zulässt. Woran die drei nichts ändern können, aber ist dann nicht einer Partner zweiter Klasse?
Hm, aber ist das nicht eine sehr „romantische Zweierbeziehung“-normative Perspektive? Dieser Anspruch, dass man mit der Partnerin *immer* *alles* teilt ist mMn sowieso die größte Quelle für Eifersucht. Für mich ist es ja eher total irritierend, dass Beziehungen funktionieren, die auf (die Illusion) absolute(r) Exklusivität bauen. Aber solange die involvierten Personen klar kommen (wobei die Scheidungsrate was anderes vermuten lässt), soll doch jede nach ihrer Facon glücklich werden.
Wie gesagt, auch viele romantische Zweierbeziehungen scheitern, aber da höre ich selten die Argumentation, dass es daran lag, dass das Paar es nicht schaffte, seine Ansprüche an die Exklusivität zu erfüllen. Dabei sind das eben häufig die Gründe. Eine begehrt (auch) jemanden anderes, man hat sich auseinander gelebt, etc. Exklusivität wird da eigentlich immer implizit vorrausgesetzt.
Mein Eindruck ist, dass sich polyamorös lebende Menschen deutlich reflektierter mit diesen weit verbreiteten impliziten Ansprüchen an Beziehunen auseinandersetzen und für sich eben andere Antworten finden, als das, was als Norm gilt. Niemand sagt, dass solche Beziehungen einfach sind, aber meiner Erfahrung nach sehen Außenstehende oft größere Probleme als die direkt Involvierten. Weil: Liebe kann sehr viele Hürden überwinden! <3
Mag sein, dass wir beiden da romantisieren. Ich kenne es eben nicht anders, dass es super klappt zu Zweit und sonst im Leben häufig nicht klappt zu Dritt. Aber gerade Judith hat ja auch geschrieben, dass sie es sich einfach nicht vorstellen kann und es vielleicht einfach ihre „Denkweise ist, weil sie in Paaren überlegt“. Ich kommentiere jetzt nochmal, weil ich mich zunehmend einfach darüber ärgere, wenn ich von meinen Erfahrungen berichte (klassische, sehr gut funktionierende Ehe mit Kindern ohne Scheidung am Horizont) ohne andere abzuwerten (so empfinde ich meinen Kommentar) und dann immer jemand kommt und sagt, ja, aber so viele Scheidungen, das ist ja nicht normal. Bei mir ist es eben normal, dann ist es doch verständlich, dass ich davon geprägt bin und dann darf ich doch meine subjektive Sichtweise genauso äußern wie die Gastautorin, oder? Ich habe da oft das Gefühl, dass mir Naivität vorgeworfen wird, aber ich muss doch nicht ständig dazusagen, ja, aber es gibt auch etwas anderes, wenn ich das aus meinem Umfeld gar nicht kenne.