Anfang Februar rief Lina von Notes to herself zu einer Blogparade auf, in der sie fragte: Welche Frauen bewundert ihr? Der Post spukte mir eine ganze Weile im Kopf herum und nachdem ich Sybille Bergs Kolumne vom vorvorletzten Sonntag gelesen hatte, wusste ich wieso. Lina hatte in ihrem Aufruf eher beiläufig geschrieben:
(Pssst: Über Beiträge von Männern freue ich mich sehr!).
Sybille Berg schrieb in ihrem Text:
Gute Frage: Haben Männer weibliche Vorbilder? Da drängt sich die Gegenfrage auf: Warum sollten Männer keine weiblichen Vorbilder haben? Wieso sollten sich bei Frauen keine Eigenschaften finden lassen, die Männer bewundern und nachahmenswert finden?
Ich schob also eine kleine Recherchefragestunde mit echten Männern ein und las ein bisschen beim Welterklärdienst reddit. Da wurde die Frage auch einige Male gestellt, unter anderem hier. Eine gern gegebene Antwort auf die Vorbild-Frage bei Menschen über 30 ist übrigens, dass man keines hat. Heute ist man sich selbst genug und anderen nachzueifern scheint ein Zeichen von Schwäche. Das half mir aber nicht weiter.
Also ein bisschen tiefer bohren und explizit nach weiblichen Vorbildern fragen. Da bekommt man zunächst einen leicht gehetzten Gesichtsausdruck zurück. Die Person möchte sich nicht in die Nesseln setzten aber auch nicht lügen. Das Dilemma löst man gern mit Mutti. Mutti ist immer gut. Die darf man als Mann super finden und die hat ja auch eine Menge geleistet. „Ja, Mutti ist schön und gut,“ sage ich „aber ich meine etwas Anderes. Jemand, der man sein wollte, als man Kind war zum Beispiel.“
Die erneute Frage versorgt mich mit einer schönen Spontaneinsicht: „Ehrlich, nicht böse gemeint, aber ich wollte nie eine Frau sein. Wieso auch, dann kriege ich ja meine Tage.“ Ha, ha. Das kann man erfrischend ehrlich oder schön blöd nennen. Und mich jetzt schräg von der Seite anmachen, was ich für komische Typen kenne. Aber…das ganze Problem mit der Vorbildkiste in einem Satz. Muss man auch erstmal schaffen. Dass Frauen toll sind, ist nämlich keine Frage für einen Mann. Spätestens mit der beginnenden Pubertät hat man Mädchen und Frauen super zu finden. Dann sind sie nämlich Körper. Und man selbst hoffentlich ein ordentlich sozialisierter, omnipotenter Mann, der sich von ihren Reizen angesprochen fühlt. Sonst stimmt mit dir auch etwas nicht. Frauen als ihren Körper zu denken, ist erwünscht. Deshalb macht die Antwort mit der Periode Sinn. Man(n) konzentriert sich auf die Frauen, die man attraktiv findet und nicht auf solche, denen man nacheifern könnte. Da verwundert es auch nicht, dass auf die Frage nach den Kindheitsidolen Superheldinnen wie Bat Girl oder Wonder Women heraus gezaubert werden. Nachahmenswerte Eigenschaften ohne „Frausein“ zu denken ist auch später nicht so einfach. „Nenn mir doch mal ein weibliches Vorbild.“, schreibt jemand auf reddit. Hilary Clinton wird angeboten. „Ja, aber die ist schon so alt.“, beschwert sich der Hilfesuchende.
Alles ganz niedliche Anekdoten würden jetzt Einige im Thread einwenden. Aber ist es nicht logisch, dass Männer keine weiblichen Vorbilder haben? Ist ein Vorbild, dem man nacheifert nicht jemand, mit dem man sich in Beziehung setzt? Schaut man nicht leichter zu jemandem auf, der wie man selbst ist? Männer können sich eben schlecht in Frauen hineinversetzen und ihre Geschichten nachvollziehen. Weil sie keine sind.
Wow, Frauen und Männer so konsequent in Gegensatzpaaren zu denken, dass es keine Eigenschaften oder Erlebnisse gibt, die beide Geschlechter betreffen, sich übertragen lassen und als Vorbild qualifizieren, ist schon ziemlich traurig. Das Identifikationsproblem scheint außerdem ein männliches zu sein. Frauen können sich ohne Probleme in männliche Charaktere, beispielsweise Filmen und Büchern, hineinversetzen, wie Studien gezeigt haben. Während es Männern sehr viel weniger gelingt. Die mussten es auch nicht so oft üben, denn der gesellschaftliche Standard ist männlich und wird für Frauen oft nur angepasst. Ob bei medizinischen Behandlungen oder Airbags.
In dieser Logik ist das, was man gern sein möchte, im Thread ebenfalls männlich und bei Frauen daher leider nicht zu finden. Obwohl hier keiner diskriminiert wird. Als gender-blind, bezeichnet sich ein User: „Wenn eine Frau etwas richtig super kann, was ich gerne können würde, dann würde ich sie mir natürlich zum Vorbild nehmen.“ Leider will er aber nur fantastisch Gitarre spielen können – wie James Hetfield. Frauen bieten sich hier leider nicht an. Sorry, aber ist so. Nun ist Gitarrengott sein nur eine der gewünschten Eigenschaften, die in Vorbildern gesucht werden. Ökonomischer Erfolg und Macht werden auch gern genommen. Upps, wieder männlich.
Dafür kommen Frauen bei der zwischenmenschlichen Metaebene ins Spiel. „Männer,“ so schreibt ein weiterer, „imitiere ich im Handeln, Frauen in der Art, wie sie sind. Wie sie andere behandeln: freundlich, gütig, liebenswürdig.“ Das gilt dann oft eher im Privaten. Womit wir wieder bei Mutti wären. Die freut sich sicher, wenn sie als Vorbild genannt wird. Wertschätzung ist eine schöne Sache, aber anstatt ihre Fürsorge und Herzenswärme zu loben, schwärmen wir doch lieber von ihrer Entschlossenheit oder Entscheidungsfreude. Dann lasse ich sie auch als Vorbild gelten.
Foto: flickr – Thomas Hawk – CC by 2.0
Astrid Lindgren. Ist für mich (als Mann) ganz klar ein Vorbild (etwa für ihr klares „Keine Gewalt“). Nur mal so :)
Vielleicht sollte man tiefer schauen und in die Gleichung die Theorie „hinter jedem erfolgreichen Mann, steht eine starke Frau“ einbauen. Wer sind die Frauen, die Vorbilder zu solchen gemacht haben? Das scheint mir Teil des traditionellen Rollenbildes der Frau zu sein, oder psychisch, immer an zweiter Stelle, aus der Schusslinie sicher aber die Zuegel in der Hand.
Ich finde mindestens genauso interessant, dass bei erfolgreichen Frauen oft auch ein unterstützender Mann dahinter steht. Back up Husbands haben/hatten die weiblichen CEO’s von Yahoo, Xerox, IBM, Pepsi…und bei uns Ursula von der Leyen… Was sagt das? Beide geht eigentlich nicht? Ziemlich traurig. Gerade für eine Gesellschaft, die so vehement Vereinbarkeit propagiert.
Pingback: Durchgeklickt: Die besten Blogbeiträge im März – Frau Margarete
Pingback: Redirected #1 – Cinematographic Tides
Hallo Bloggerin. Interessanter Text, da ich seit Tagen mich mit Vorbildern beschäftige. Ich ging verschiedene Personen durch die Erfolgreich waren, indem was sie tun. Die Besten der Besten, wie Bruce Lee, Will Smith, Napoleom Hill, Steve Jobs usw…. In der Liste gab es nur eine Frau und komischerweise habe ich sie als einzige übersprungen. Mann ist nicht gewohnt das eine Frau auf weltlicher Ebene erfolgreich ist. Mann weiß nicht was an Eigentschaften einer Frau zu erwarten hat, die Mann einen als Mann weiterbringt. Es ist wirklich so das Erwartungen an Körper, Ästhetik und Sexualität von einer Frau, aber das ist schlecht als Vorbildeigenschaft nehmbar. Es gibt in der Historie nur eine handvoll Frauen die offiziell tiefe Spuren hinterlassen haben. Wenn eine Frau tolle charakteristische Eigenschaften hat, erkenne ich sie aber habe wenig Vorstellung davon wie ich diese kopieren könnte als Mann und welchen mehrwert gäbe. „Das und das ist beeindruckend an ihr, aber nicht was mich als Mann weiterbringt. Als Mann gibt es Erwartungen an mich die mit Männereigenschaften erfüllt werden“ Dann denke ich nur… Sie ist toll und möchte das sie mich vervollständigt, aber nie wirklich das ich so sein will. Ich hoffe ich konnte es erklären. Zumindest so fühlt es sich an. Jetzt hast du eine Idee von einem Mann auf deine Frage.
Wieder mal ein super Beitrag, ein sehr interessantes Thema. Ich glaube, ich werde in meinem privaten Umfeld mal eine kleine Fragerunde starten und schauen, wer welche Vorbilder hat. Ob Frauen eher Frauen zum Vorbild haben und Männer eher Männer, und wenn ja, warum das so ist? Allerdings glaube ich, dass es auch in meinem End-Zwanziger-Freundeskreis nicht viele gibt, die Vorbilder haben. Vielleicht, weil sie sich weder mit sich selbst noch mit interessanten Persönlichkeiten intensiv auseinandersetzen und weil man daher gar keinen kennt, der sich wirklich als Vorbild eignet? Ich werde dem nachgehen ;)
Oh ja, bitte machen – und dann berichten. Freu mich drauf!
Fast noch interessanter finde ich ja die Frage, ob Frauen tatsächlich mehr männliche Vorbilder haben. Allgemein halte ich Vorbilder als Personen aber für ziemlich überholt und würde die Argumentation der Männer auf reddit anders verstehen. Man nimmt sich eben nicht mehr eine einzelne Person heraus sondern eher Eigenschaften und die können dann von einer Person verkörpert werden.
Da kannst du Recht haben, vielleicht ist es auch deshalb so schwer, ein Vorbild festzumachen.
Hab mich gefreut, dass wieder ein text online ist. Sind ein paar interessante Gedankenanstöße drin.
Dankeschön!